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Körpereigene Cannabinoide

Forschung Körpereigene Cannabinoide

 /  Tina Christiansen

Ein Forschungsteam für Systemphysiologie an der Ruhr-Universität in Bochum weckt Hoffnungen auf alternative Behandlungsmöglichkeiten bei Asthma. Ein neuer Signalweg wurde entdeckt. Wir berichten.

Forschende entdecken neuen Signalweg: Körpereigene Cannabinoide stellen Bronchien weit

Laut der aktuellen Pressemitteilung zu den wissenschaftlichen Untersuchungen kann als eine der Ursachen für Asthma offenbar auch ein Mangel an körpereigenen Cannabinoiden in den Bronchien infrage kommen. 
Die Forschenden waren aber eindringlich vor der übereilten Anwendung von pflanzlichem Cannabis durch Asthma-Patienten, da durch ihre Forschungsergebnisse noch keine direkten Rückschlüsse von körpereigenen zu den pflanzlichen Cannabinoiden gezogen werden können und Cannabis natürlich auch schädliche Stoffe enthält. 
Die Forschung wird noch einige Jahre brauchen, bis neueTherapiemöglichkeiten für Lungenerkrankungen hieraus entstehen könnten. 

Körpereigene Cannabinoid

Wenn man den Begriff Cannabinoide hört, denkt man in der Regel an pflanzliche Cannabinoide aus Hanfpflanzen. Darüber hinaus gibt es aber neben synthetischen Cannabinoiden, die künstlich hergestellt werden, auch sogenannte körpereigene Cannabinoide (Endocannabinoide), die bereits in unserem Körper vorhanden sind.

Was passiert bei einem Asthma

Ein Asthma bronchiale zeichnet sich besonders durch eine dauerhafte Entzündung der Bronchialschleimhaut aus. Sie schwillt an und verdickt sich, es kommt zu einer übermäßigen Schleimproduktion. Die Bronchien verengen sich. Dann kann es zu typischen Asthma-Beschwerden kommen, wie 

  • Husten, mit oder ohne Schleimbildung
  • pfeifenden Atemgeräuschen
  • einem Engegefühl in der Brust oder
  • Atemnot, die anfallsartig auftritt
  • Die Ausprägung der Beschwerden hängt vom Schweregrad des Asthmas, der medizinischen Behandlung und dem eigenen Selbstmanagement ab. Besonders wichtig, ist eine gute Einstellung der Asthma-Medikamente und ihre richtige und regelmäßige Anwendung. Hierzu werden besonders entzündungshemmende Medikamente (Cortison-Wirkstoffe) und bei Bedarf (z. B. Atemnot/Asthma-Anfall) und manchmal bei einem stärkeren Asthmaschweregrad auch in der Dauermedikation Medikamente zur Erweiterung der Bronchien eingesetzt.

Enzym baut Cannabinoid ab

Die Forschungsgruppe aus Bochum hat sich besonders für den Mechanismus bei der Regulation der Engstellung der Bronchien interessiert und hat bereits in einer zurückliegenden Untersuchung zeigen können, dass das körpereigene Cannabinoid Anandamid die Bronchien erweitert. 
Dabei spielt die sogenannte Fettsäureamid-Hydrolase eine Rolle. Dieses Enzym baut Anandamid ab. Es entsteht unter anderem Arachidonsäure. Sie wird dann zu Prostaglandin E2 umgebaut. Prostaglandine sind Gewebshormone. Sie können die Bronchien weiten. Das Prostaglandin führt zu einem Anstieg des cyclischen Adenosinmonophosphat (cAMP). Das ist ein Botenstoff, der auch durch die Inhalation von Bronchien erweiternden Medikamenten ansteigt.

Cannabinoid-Gabe weitet Bronchien bei Mäusen

Die Forschenden fanden heraus, dass sich das Enzym Fettsäureamid-Hydrolase im Flimmerepithel und in der glatten Muskulatur der Bronchien befindet. Wurde Mäusen das Cannabinoid Anandamid gegeben, erfolgte ein Anstieg des cyclischen Adenosinmonophosphat (cAMP). Dieses Ergebnis konnte auch für menschliche Bronchialzellen nachgewiesen werden.
Mithilfe eines Mäusemodells wurde durch bestimmte Substanzen ein künstliches Asthma bei den Mäusen erzeugt. Die Gabe von Anandamid führte in diesem Mausmodell zu einer Weitstellung der Bronchien. Zudem konnte bei diesen Tieren nachgewiesen werden, dass sie über weniger Anandamid und weniger weitere körpereigene Cannabinoide verfügten, als gesunde Tiere. 

Vermutung: Cannabinoid-Mangel eine Ursache für Asthma

Der neu gefundene Signalweg kann natürlich in Zukunft neue Möglichkeiten bieten, in das Krankheitsgeschehen bei Lungenerkrankungen wie Asthma einzugreifen. 
Hierzu ist aber noch eine langjährige Forschungszeit notwendig. 
Auch wenn nun durch diese Ergebnisse ein Cannabinoid-Mangel als eine Ursache für die Verengung der Bronchien bei einem Asthma infrage kommen könnte, warnen die Forschenden Patient:innen ausdrücklich vor einem Anwendungsversuch mit pflanzlichem Cannabis. Begründet wird dies damit, dass man aus den Forschungsergebnissen keine direkten Rückschlüsse von den körpereigenen Cannabinoiden auf die pflanzlichen Cannabinoide übertragen kann und es auch völlig unklar ist, welche weiteren Inhaltsstoffe sich neben bekannten Cannabinoiden ganz genau in den Cannabispflanzen befinden. Darunter können auch schädliche Stoffe sein. Wenn aber in einigen Jahren das körpereigene Cannabinoidsystem noch besser verstanden ist, könnte diese Forschung zu neuen Therapiemöglichkeiten bei Lungenerkrankungen beitragen. 

Quelle: Presseinformation der Ruhr-Uni Bochum vom 17.1.2022 / Wie körpereigene Cannabinoide die Bronchien weit stellen 

Originalveröffentlichung:  Annika Simon, Thomas von Einem, Alexander Seidinger, Michaela Matthey, Laura Bindila, Daniela Wenzel: The endocannabinoid anandamide is an airway relaxant in health and disease, in: Nature Communications, 2022, DOI: 10.1038/s41467-022-34327-0
 

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